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Massive Talent: Behind the scenes

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Nach der Corona-Kino-Durststrecke gibt es 2022 ein Feuerwerk der Blockbuster und Geheimtipps. Einer ist ganz klar: Massive Talent. Nicolas Cage überrascht mit einem unterhaltsamen, fiktiven Film über sein Leben.


DIE GESCHICHTE ZWEIER NICK(Y)S

Der echte Nicolas Cage ist nichts weniger als eine Leinwandlegende, zu dessen größten Hits The Rock – Fels der Entscheidung, Con Air, Mondsüchtig sowie Leaving Las Vegas – Liebe bis in den Tod gehören. Letzterer brachte Cage einen Oscar® ein.

„Nicolas Cage ist unglaublich talentiert und in allen Genres gleichermaßen zuhause“, betont Autor und Regisseur Tom Gormican. „Man kennt ihn aus Komödien wie Mondsüchtig oder Family Man, aus Avantgarde-Filmen wie Wild at Heart oder Mandy und aus Blockbustern wie Con Air, The Rock – Fels der Entscheidung oder Das Vermächtnis der Tempelritter. Es gibt nur wenige Schauspieler, die so flexibel sind und zwischen Komödie und Drama ohne weiteres umschalten können, manchmal sogar innerhalb desselben Projekts. Das fasziniert mich.“

Aber warum sollte man eine alternative Wirklichkeit für diese Hollywood-Legende ersinnen? „Nick hat mittlerweile einen Status, der das überschreitet, was einen normalen Schauspieler ausmacht“, stellt Gormican fest. „Er ist ein Abbild unserer Kultur. Und während diese immer seltsamer wird und die Mode immer ausgefallener, können wir eine direkte Linie ziehen zu dem Nationalheiligen der Seltsamkeit, Nicolas Cage. Nur sein Gesicht zu sehen, macht die Leute bereits froh. Das ist wirklich faszinierend und hat mich dazu inspiriert, tiefer zu graben, um herauszufinden, wer er wirklich ist.“

In MASSIVE TALENT ist Nick Cage eine fiktionalisierte Version des Stars, ein ehemals respektierter Schauspieler, tief gestürzt und hungrig nach seinem alten Prestige sowie einem neuen Kinohit. Aber seine abflauende Karriere zählt zu seinen geringsten Problemen. Der Größenwahn des fiktiven Cage hat die Beziehung zu seiner Exfrau Olivia (Sharon Horgan) und seiner Tochter Addy (Lily Sheen) vergiftet, aber er nimmt es nicht wahr. Nick wird außerdem von Nicky heimgesucht, einem Aspekt seiner Einbildungskraft, der ausschließlich auf Berühmtheit aus ist.

„Nicky hat diese Langhaarfrisur und verspottet Nick wegen der zweifelhaften Entscheidungen während seiner Karriere “, berichtet Cage. „Meiner Meinung nach stiehlt Nicky ihm die Show.“ Gormicans verblüffende und unkonventionelle Ideen haben Cage für sich eingenommen. „Ich nenne Tom ‚The Mind‘, weil der Film wirklich auf seiner Fantasie basiert, auf Erwartungen der Presse und des Internets, sowie auf Anekdoten meines Privatlebens, die an die Öffentlichkeit gelangt sind. Das wird alles vermischt mit dem Wissen über Interviews, die ich gegeben habe und mit Dingen, die mich schon immer interessiert und dazu veranlasst haben, diesen Pfad einzuschlagen. In seiner Essenz ist der Film Toms Fantasie, wie mein Leben vielleicht aussieht.“

Ursprünglich hatte Cage eher wenig für das Konzept übrig. „Mich selbst in einem Film zu verkörpern, erschien mir uninteressant“, erinnert sich Cage. „Aber dann erhielt ich einen sehr netten Brief von Tom und habe daraufhin das Drehbuch gelesen. Der erste Akt hat mir wirklich Angst gemacht und im weiteren Verlauf des Skripts wurde ich zunehmend sicherer, dass uns Tom auf ein spannendes Abenteuer mitnimmt.“

Der fiktive Cage ist unerfüllt und fühlt sich wie ein Ausgestoßener. Aber nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein, zumal Nicolas Cage kürzlich, für seine Leistung in Pig, einige der besten Kritiken seiner Karriere eingeheimst hat. „Dies ist Toms erfundene Version, eine ängstliche und neurotische Variante von Nick Cage“, betont der Schauspieler. „Der Film ist ein echt berauschendes Erlebnis für mich.“

FREUNDSCHAFT, FAMILIE & DIE KUNST DES SPIONIERENS

In dem Drehbuch von Tom Gormican und Kevin Etten erscheint Nick frustriert und auch etwas verstört, als er eine Rolle, die er unbedingt haben wollte, nicht bekommt. Hinzu kommt, dass es um seine Finanzen schlecht bestellt ist. Wider besseres Wissen sagt Nick zu, auf der Geburtstagsparty des exzentrischen Millionärs und Superfans Javi (Pedro Pascal) zu erscheinen, auf Mallorca und für eine Million Dollar Gage. Nach seiner Ankunft wird Nick von Javi persönlich empfangen. Die zwei lernen sich kennen und stellen fest, dass sie über einige Gemeinsamkeiten verfügen. „Sie sind beide Filmfans, die sich für Das Kabinett des Doktor Caligari ebenso begeistern wie für Paddington 2“, macht Cage deutlich. „Javi besitzt sogar eine Wachsfigur von Nick, was ihn echt umhaut.“

Pedro Pascal dazu: „Was Nick und Javi verbindet, ist ihre Liebe für das Geschichtenerzählen. Letztlich geht es um Freundschaft und ein Abenteuer.“ Doch das ist nicht alles, was sie verbindet. Der reiche Javi ist genauso neurotisch wie sein Ehrengast und beide versuchen sich von den verwegenen Figuren, die Nick verkörpert hat, inspirieren zu lassen. „Ich glaube, Nicks Persona auf der Leinwand steht für alles, was Javi sich nicht traut auszuleben“, ergänzt Pascal. „Javi hat Angst vor so vielen Dingen, dass er sein Leben stellvertretend durch Nicks Kinoeskapaden lebt. Der Besuch von Nick ermutigt Javi dazu, Risiken einzugehen.“

Aber wie sich herausstellt, lebt Javi durchaus riskant. Er ist ein internationaler Waffenhändler und Verbrecherboss, den die CIA seit Jahren versucht, zur Strecke zu bringen. Als das Verhältnis von Nick und Javi enger wird, rekrutieren die von Tiffany Haddish und Ike Barinholtz dargestellten CIA-Agenten Nick für eine Mission, die er nicht abschlagen kann. Um nicht den Verstand oder sein Leben zu verlieren, muss Nick auf Fähigkeiten der von ihm porträtierten Actionhelden zurückgreifen, insbesondere nachdem seine Ex und Tochter in die Schusslinie geraten sind.

FAMILIE UND SPIONAGE

Kevin Etten betont, dass Haddish und Barinholtz sich wunderbar ergänzten: „Sie verliehen ihren Rollen sowohl Humor als auch Ernsthaftigkeit.“

„Es war wichtig, dass die Sequenzen mit ihnen, zum Ton des Skripts passten“, fährt Etten fort. Die Rollen sollten dramatisch wirken: Zwei ernstzunehmende CIA-Agenten in einer absurden Situation. Haddish und Barinholtz brachten unweigerlich die Erinnerung an ihre komödiantischen Rollen in die Figuren mit ein. „Ike und Tiffany haben sich wirklich engagiert und dadurch entstand eine besondere Dynamik zwischen ihnen.“

Haddish gibt zu, dass sie anfangs nicht glauben wollte, dass Nicolas Cage diese Rolle wirklich spielen würde. „Als es sicher war, dass er mitspielt, habe ich sofort zugesagt“, bekräftigt sie. „Nick Cage im Film ist so wie man sich Nicolas Cage privat vorstellt, aber er ist in Wirklichkeit ganz anders“, führt Haddish aus. „Wenn man ihn kennenlernt, merkt man, Nicolas ist ein tiefgründiger, mitfühlender und freundlicher Mensch. Außerdem ist er sehr lustig. Nicolas hat einige coole Witze auf Lager. Er hat ein Talent für das Erzählen von Geschichten. Darüber hinaus gibt Nicolas wirklich alles für die Rolle. Er ist total fokussiert.“

Olivia und Addy sind von entscheidender Bedeutung für Nicks Entwicklung. Aber zuerst werden sie in verrückte Situationen verwickelt, nachdem Javi sie nach Mallorca geflogen hat, um Nick zu überraschen. „Olivia und Addy sollen Nick erden“, macht Gormican deutlich. „Sie lassen Nick begreifen, dass es um mehr geht, als nur um seine Filmkarriere. Sharon Horgans Olivia verleiht Nick echte Gefühle, allein dadurch, dass er mit dieser klugen Mutter seines Kindes zu tun hat, die im Kontrast steht zu seiner wunderlichen Karriere.“

„Die Vater-Tochter-Beziehung repräsentiert den emotionalen Kern der Geschichte“, fährt Gormican fort. „Nick und Addy haben sich entzweit, weil er versucht, sie in eine jüngere Version seiner selbst zu verwandeln. Ich bin mir sicher, dass die Zuschauer, das nachvollziehen können.“

Etten empfand die Besetzung von Horgan als echten Triumph. „Tom und ich fanden Sharon großartig in Catastrophe. Sie ist so eine Naturgewalt! Die Tatsache, dass Nick mit Olivia verheiratet ist, nimmt den Betrachter total für ihn ein. Sie wirkt so klug und amüsant, dabei aber vollkommen vernünftig.“ Horgan stimmt dem zu. „Olivia verleiht der Familie Stabilität“, betont sie. „Es bricht Nick das Herz, wie entfremdet er und Addy sind. Olivia will die beiden wieder zusammenbringen. Schließlich bekommt Nick die Gelegenheit, völlig selbstlos etwas für seine Tochter zu tun. Da sieht man, wie groß seine Liebe für sie ist.“

„Addy ist immer ehrlich gegenüber ihrem Vater“, erläutert Lily Sheen. „Es ist berührend zu sehen, was für einen langen Weg die Beziehung der beiden zurücklegt. Ursprünglich betrachtet Addy ihren Vater als hoffnungslosen Fall. Doch dann beginnt Nick, sich zu beweisen, trotz all seiner Fehler. Er taucht im idealen Moment auf, um gleichzeitig die Lage zu retten und auch ihre Beziehung.“

Ein weiteres Mitglied von Nicks innerem Kreis ist Richard, dargestellt von Neil Patrick Harris. „Er ist die perfekte Kontrastfigur, ein echter Duckmäuser“, erklärt Gormican. „Wenn man sich die Karriere von Nicolas Cage vorstellt, dann vermutet man, dass sein Agent einfach zu allem bereit ist. Das muss ein tolles Gefühl sein so eine Art von Hingabe.“

Und auch hier entpuppte sich die Besetzung als goldrichtig. „Neil Patrick Harris verfügt über das Talent, solch eine Figur mit Leben zu füllen und dabei einerseits lustig zu sein, aber gleichzeitig voller Sorge um Nicolas Wohlbefinden“, fährt Gormican fort.

Es war den Produzenten wichtig, niemanden zu besetzen, der bereits mit Cage gespielt hatte. „Da wir eine alternative Version von Nick realisieren wollten, war es wichtig, dass es im Film keine konkreten Bezüge zum echten Nicolas gab“, stellt Gormican klar.

NICKY

Nick wird von seinem eigenen Schatten verfolgt: Nicky, ebenfalls von Nicolas Cage verkörpert, ist ein jüngerer Nick, circa zur Zeit von Wild at Heart, der nur als Hirngespinst existiert und auf den Status des Filmstars konzentriert ist. „Nicky hat diese langen Haare und er zieht Nick auf wegen der Fehlentscheidungen in seiner Karriere“, führt Cage aus. „Meiner Meinung nach stiehlt Nicky allen anderen die Show.“

Tatsächlich war es die Figur des Nicky, die Nicolas Cage von dem Projekt überzeugte. „Die Idee, Nicky sowie die Interaktionen zwischen ihm und Nick darzustellen, hat mich wirklich angefixt“, gibt Cage zu. „Nicky wird keine Ruhe geben, bevor sein Alter Ego nicht ein Comeback als Filmstar versucht. Ich konnte dabei in Erinnerungen schwelgen und meine alte Energie wiederentdecken.“

Im Rahmen der Recherche sah sich Cage einige seiner eher unkonventionellen Interviews an. Nickys Aussehen wurde letztlich stark von Cages Kleidungswahl während der Promotion zu Wild at Heart beeinflusst. Cage beschreibt Nicky als „eine jüngere Version meiner selbst, die ich gerne umbringen würde. Nicky hat eine andere Art von Energie. Er ist laut und dreist. Nicky ist von sich überzeugt und glaubt, er hätte noch alles vor sich. Er geht Nick auf den Zeiger und stellt unangenehme Fragen.“ Die Konfrontation von Nick und Nicky stellte für Gormican den interessantesten Teil des Films dar. „Ich denke, wir haben wirklich einige wunderbare Momente eingefangen“, betont der Regisseur.

„Nicky ist vielleicht der wichtigste Charakter im Film, da er sich mit dem zentralen Thema der Identität herumschlägt und gleichzeitig als Identifikationsfigur des Zuschauers fungiert. Um zu wachsen und voranzukommen, muss man sich mit den alten Versionen seiner Persönlichkeit auseinandersetzen, um diese letztlich zu überwinden und zurückzulassen“, erklärt Gormican. „Für unseren Film bedeutet das: Nick, ein Vater, ehemaliger Ehemann und Schauspieler, wird von seinem jüngeren Ich heimgesucht, das ein wenig egomanisch und narzisstisch veranlagt ist. Der Kampf zwischen Nick und Nicky wirkt amüsant und faszinierend. Außerdem erinnert er uns an eine von Nicolas‘ reifsten Leistungen, seine Doppelrolle in Spike Jonze‘ Adaption.“ Um die Interaktion der zwei Versionen überzeugend einzufangen, nutzten die Filmemacher visuelle Effekte, Motion Control und Doubles.

Cage fasst zusammen: „Ich liebe Nicky und war mir von Anfang an sicher, dass ich viel Spaß mit ihm haben würde. Seine Respektlosigkeit ist gewinnend und er macht sich ernsthaft Sorgen um Nicks Befinden“

SERGIO

Cage erweckte mithilfe der Filmemacher einen weiteren Aspekt seiner selbst zum Leben, Sergio. Nachdem Nick Olivia und Addy gerettet hat, trumpft Olivia auf und verwandelt Nick, mit ihren Make-up-Skills, in den Kopf einer italienischen Verbrecherfamilie. Der Spezialist für Make-up und Prothesen des Films, Bill Corso, kreierte auch diesen unglaublichen  Look. Obwohl der Auftritt  nur von kurzer Dauer ist, versichert Gormican, dass „es sich unglaublich real angefühlt hat. Sergio ist einfach magnetisch.“

Gleichzeitig verdeutlichte die Erschaffung von Sergio das Ziel von Gormican, Cage langsam aber sicher in eine Filmfigur zu verwandeln, die er vielleicht einmal porträtiert hat. „Nick muss, um seine Mission zu erfüllen, zu einer der Figuren werden, die er früher verkörpert hat“, macht der Regisseur deutlich.

DER SCHREIN DER CAGE-GEMEINDE

Eines der wichtigsten Motive ist Javis Raum angefüllt mit Cage-Memorabilia. Nachdem die CIA Nick angeworben hat, um Javi auszuspionieren, ist er verständlicherweise sofort alarmiert, als dieser ihn in einen geheimen Raum führt. Doch dann sieht Nick, dass dieses Zimmer angefüllt ist mit Erinnerungsstücken an seine Filme, Requisiten, Kostüme und sogar eine lebensgroße Replik seines Charakters in Face/Off.

„Es war fantastisch dieses Set zu gestalten“, berichtet Bühnenbildner Kevin Kavanaugh. „Ich hatte viel Spaß dabei, die verschiedenen Elemente aus Nicolas‘ Filmen herauszupicken, die am wichtigsten waren für seine Karriere. Wir haben einige Requisiten nachgebaut, unter anderem die Hand aus Mondsüchtig,die Windeln aus Arizona Junior und den verkohlten Hasen aus Con Air.“

Weitere Requisiten in dem Raum sind die Drehbücher zu Lord of War, Das Vermächtnis der Tempelritter und Leaving Las Vegas, die Klappen von Valley Girl, Face Off und Arizona Junior sowie besondere Stücke wie die goldenen Pistolen aus Face/Off, das Lotterielos aus 2 Millionen Dollar Trinkgeld und die Fackel aus Das Vermächtnis der Tempelritter.

In einer anderen Szene baute Gormican eine Anspielung an Nicolas Cages Oscar®-prämierte Rolle in Leaving Las Vegas ein. In besagtem Film ist Cages Figur am Tiefpunkt angelangt. „Wir haben einen Pool und einen Tank aufgebaut und ich habe Nick erklärt, dass er am Boden des Pools ein Bier trinken sollte“, erinnert sich Gormican. „Nick hat nur gelacht und gemeint, er hätte das ja schon mal gemacht!“

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