Kategorien

Auf den Punkt: 30 Jahre Pogrom in Rostock-Lichtenhagen: „Aus Sicht der Täter ein Erfolg“

62

Auf den Punkt

30 Jahre Pogrom in Rostock-Lichtenhagen: „Aus Sicht der Täter ein Erfolg“

Vor 30 Jahren hat ein rechter Mob in Rostock-Lichtenhagen Asylbewerber und Migranten angegriffen. Ein Gespräch über das Erbe dieses Pogroms.

Vom 22. bis zum 26. August 1992 tobt in Rostocker Stadtteil Lichtenhagen ein rechter Mob. Der Zorn von Hunderten entlädt sich gegen Geflüchtete, die dort seit Wochen vor der Zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber campieren. Erst fliegen Steine, dann Molotowcocktails, Bürger applaudieren. Nachdem die Unterkunft geräumt ist, richtet sich die Wut gegen das benachbarte Wohnheim vietnamesischer Vertragsarbeiter. Das Haus wird gestürmt, Feuer gelegt. Eine völlig überforderte Polizei kapituliert, die Feuerwehr ist hilflos. 150 Menschen sind in Todesangst. Nur knapp entkommen sie über einen Notausgang aufs Dach dem Tod. Erst nach vier Tagen und Nächten des Pogroms bekommt ein massives Polizeiaufgebot die Lage unter Kontrolle.

„Das aggressive Grundrauschen, das immer mehr anschwoll“, habe sie schon in ihrer Kindheit erlebt, sagt die gebürtige Rostockerin und SZ-Redakteurin Ulrike Nimz. Lichtenhagen sei deshalb auch so „ein Fanal“ gewesen, „weil das Versagen von Politik und Behörden so allumfassend war“. Auch habe der damalige Kanzler Helmut Kohl (CDU) von einem Staatsnotstand beim Thema Asyl gesprochen. Man habe danach die Gelegenheit genutzt, um das Asylrecht zu verschärfen. „Das grenzt natürlich an Täter Opfer Umkehr. Und was noch viel schlimmer ist: Aus Sicht der Täter war Lichtenhagen ein Erfolg.“ Lichtenhagen erschien „wie ein Solitär“. Aber bereits ein Jahr zuvor gab es in Hoyerswerda ähnliche Ausschreitungen. „Bürger konnten Seite an Seite mit Neonazis Steine schmeißen.“ Auch habe es die Morde von Mölln und Solingen und vor zwei Jahren in Hanau gegeben. „Von Einmaligkeit kann man ganz und gar nicht sprechen.“

Teilweise gebe es einen „Reflex, das Pogrom von Rostock-Lichtenhagen zu einer Sache zu machen, die nichts mit den Rostock zu tun“ habe. Es seien angereiste Neonazis gewesen. „Das stimmt teilweise, aber eben nicht nur. Also gerade am Anfang waren es Lichtenhagen und Rostocks Bürger, die da standen, geklatscht haben, als wäre das ein Happening.“ Die Erfahrung der Selbstermächtigung, das Erbe von Lichtenhagen, wirke bis heute bei diesen Leuten. „Die haben gelernt, dass man nur Steine schmeißen und ein paar Mollis basteln muss, um zu bekommen, was man will, nämlich eine vermeintlich ausländerfreie Stadt.“ Wichtig sei Zivilcourage um eine Wiederholung zu verhindern, aber auch konsequente Strafverfolgung und konsequente Ahndung von rassistischen Übergriffen – auch im Internet.

Weitere Nachrichten: Neue Corona-Regeln, Missbrauchsfall im Trierer Bistum fehlt in Zwischenbericht.

Moderation, Redaktion: Lars Langenau

Redaktion: Franziska von Malsen

Produktion: Immanuel Pedersen

Zusätzliches Audiomaterial über Spiegel TV



Die Nachrichten des Tages – als Podcast auf den Punkt gebracht. Bleiben Sie auf dem Laufenden mit aktuellen Meldungen, Interviews und Hintergrundberichten.

Geboren im Jahr 1971 in Esslingen am Neckar – zu einer Zeit, als das Internet, E-Mails und Mobiltelefone noch fremd waren. Schon ab 1986 war ich ein begeisterter Besitzer eines C64 und eignete mir als zweite Fremdsprache das „Basic“-Programmieren an. Im Jahr 1989 wagte ich den Schritt zur Gründung von „Pro Sound Esslingen“. Scho1999 erstellte ich meine erste eigene Webseite und erlernte als weitere Fremdsprache das „html“-Programmieren. 2001 wurde ich zu einem Gründungsmitglied des Vereins „Snowboard e.V.“ und erlebte 2009 die Abwrackprämie-Ära, die dazu führte, dass über 1500 Mercedes-Benz ihren Weg auf den Schrottplatz fanden – ein Erlebnis, das sicherlich seine Geschichten erzählt. Im Jahr 2015 fand ich mein Glück in der Ehe und trat 2017 den Freien Demokraten bei. Mein Engagement führte mich 2019 zur Kandidatur für den Gemeinderat in Ostfildern als Mitglied der FDP. Im Jahr 2021 stellte ich mich als Oberbürgermeister-Kandidat in Ostfildern zur Wahl und wagte mich im selben Jahr als Bundestagskandidat für die FDP im Wahlkreis Esslingen auf das politische Parkett. Im Jahr 2022 war ich maßgeblich an der Gründung und Übernahme der Position des Ortsvorsitzenden des Ortsverbands der Freien Demokraten in Denkendorf, Ostfildern und Neuhausen auf den Fildern beteiligt. Schließlich eröffnete ich im Jahr 2023 das erste Podcaststudio der „Radical Life Studios“, um auf meine ganz eigene Art und Weise Inhalte zu teilen und Gespräche anzustoßen. Durchweg politisch unbequem und immer öfter freundlich – so gestalte ich meinen Weg.

Schreibe einen Kommentar

X